3. Land & Mordlust in Schinna gut besucht

Mon, 12 Sep 2022 18:52:18 +0000 von Katharina Schliffke-Berg

Rätselhaftes Irland?
Musikstiftung Stolzenau-Loccum mit 3. erfolgreichem Land & Mordlust- Nachmittag

(aw) Zum dritten Mal hatte die Musikstiftung im Kirchenkreis Stolzenau-Loccum zum musikalischen Vorlesenachmittag Land & Mordlust ins Kloster Schinna eingeladen, Kloster Schinna, das sich erneut mit seinem großartigen Ambiente als perfekten Veranstaltungsort herausstellte.
Die Organisatorin der Veranstaltung, Katharina Schliffke-Berg, Mitglied des Kuratoriums der Musikstiftung, wünschte zu Beginn allen Zuhörern in diesen schwierigen Zeiten einen Moment der Entspannung. Das gelang auf das Beste. 

Den Auftakt der Lesungen machte die vorleseerfahrene Helma Stuckmann (Steyerberg) mit Heinrich Bölls „Irischem Tagebuch“. Mit einfühlsamer und eigener Irlanderfahrung getragener Stimme zeichnete Helma Stuckmann Bölls Bild von Irland nach in seinem Text über den absoluten wie erschreckenden Regen (= Wetter = Unwetter!) und das Zubehör der Iren bei Regen (Kerzen, Tabak, Stricknadeln, Bibel, Whisky und Kartenspiel). Helma Stuckmanns Lesung war eingebettet in kenntnisreiche Hinweise zu Bölls Leben in seiner Zeit in Irland. Zudem bekannte Helma Stuckmann, nach ihrem ersten Besuch in Irland „ein Stück ihres Herzens in Irland gelassen zu haben“. Leselust wurde geweckt! 
Bei ihrer weiteren Lesung aus dem Werk von „einem der coolsten Fernsehmoderatoren“ Graham Norton „Ein irischer Dorfpolizist“ stellte Helma Stuckmann zunächst klar, dass es sich weniger um einen Krimi, als um einen Gesellschaftsroman handelt, in dem der fette Polizist  P.G., der noch nie richtig ermittelt hat, einen Mord aufklären muss und das in einem Ort, der es geschafft hat, dem Internet durch die Maschen gegangen zu sein.  P.G. ist herausgefordert zwischen polizeilicher Hilflosigkeit mit unklaren Erinnerungen an seine Ausbildung einerseits und den gesellschaftlichen Verwerfungen und dörflichen Geheimissen andererseits. Ist Irland ein „rätselhaftes Land“ fragt am Ende eine Randfigur des Romans? Weitere Leselust stellte sich ein! Auch Hörgenuss wäre möglich; denn Helma Stuckmann hatte noch den Tipp zum gleichnamigen Hörbuch mit dem allseits bekannten Charly Hübner im Gepäck.

Der ebenfalls leseerfahrene Jens Mahlmann (Nendorf) widmete sich in seiner ersten Lesung dem „Katholischen Bullen“ des in der Nähe von Belfast geborenen Autors Adrian Mc Kinty. In der von Jens Mahlmann ausgewählten Textstelle ging es um die Autopsie eines Mordopfers, auf dessen Körper eine nicht dem Mordopfer gehörige Hand abgelegt ist. Den schwarzen Humor, der mit den am Tatort gefundenen Noten zur berühmten Arie „Wie eiskalt ist dies Händchen“ aus Puccinis Oper La Bohème spürbar wird, verstärkte Jens Mahlman mit seiner lakonischen Sprechweise, der intensiven stakkatoartigen Bewegung seiner linken Hand und dem sich am Klavier selbstbegleitenden Summen der Arienmelodie. Meisterhaft! Leselust wurde weiter intensiviert! 
In der abschließenden Lesung Jens Mahlmanns aus „Das Barmen“ von Flann O´Brien wird die romantisierende Darstellung der damaligen Heimatschriftsteller zur gaelischen Geschichte und die Vorbehalte  gegen Gaelen aufs Korn genommen. Brien, der Gaelisch studiert hatte, lässt die Hauptfigur Bonaparte sein Leben, seine Kindheit in Armut mit Witz erzählen. In der von Jens Mahlmann ausgewählten Textstelle hörten die Besucher, wie man durch das Verkleiden von Schweinen mit „breeches“ (=Hosen) auf raffinierte Weise einem Inspektor den von der Obrigkeit gewünschten und honorierten Nachweis zahlreichen menschlichen englischsprechenden Nachwuchses liefert. Mahlmann ließ die Zuhörer spüren, wie beseelt er selbst von dem ihm erkennbar vertrauten Text ist. Insbesondere seine stimmlich wechselnde Interaktion förderte Jens Mahlmanns schauspielerischen Fähigkeiten zu Tage, die den skurrilen Inhalt besonders unterstrichen und die Zuhörer hörbar zum Schmunzeln brachten (die während der gesamten Veranstaltung von Anfang bis Ende mucksmäuschenstill und aufmerksam, fast andächtig lauschten). 

Wie sich Lesungen und Musik ergänzen können, zeigten Kreiskantor André Hummel (Klavier) mit Berit Hummel (Flöte) und der Jazz-Pop-Gospelchor „new crow“ in wechselnden musikalischen Einlagen auf besonders feinfühlige Weise. Die von André Hummel ausgewählten  Werke setzten die Lesestimmung wunderbar in der Musik fort, u.a. mit „Cantilena“ und „Adiemus“ von Carl Jenkins oder „King of the Fairies“ oder dem Soundtrack aus „Herr der Ringe“. Das hell leuchtende zauberhafte Flötenspiel und der kleine, aber klangstarke und intonationssichere Chor ließen die Zuhörer hingebungsvoll lauschen und in geheimnisvoller Stimmung der nächsten Lesung entgegenfiebern. Hörgenuss!

Die in der Pause gereichten Getränke gaben Zeit, sich über das bereits Gehörte auszutauschen, schon zu diesem Zeitpunkt war die Begeisterung der Zuhörer vernehmbar.

Der verdiente Dank an Vorleser und Musiker nach dem passenden Abschluss-Segenslied  „May the Road“ verbunden mit einem Spendenaufruf zugunsten der Musikstiftung blieb der Vorsitzenden des Kuratoriums Ilse Klein-Schumacher vorbehalten. Sie schloss dabei auch Ute und Hubertus Heitmüller ein, die seitens der Stiftung Kloster Schinna den Veranstaltungsort mitgerüstet hatten bzw. für die Technik verantwortlich zeichneten. 

Die Zuhörer  - verzückt! – gingen, wie von der Organisatorin zur Einleitung erhofft, mit Frische beseelt nach Hause. Es bleibt die Hoffnung auf einen vierten Land- & Mordlustnachmittag im Kloster Schinna!

Text: Andrea-Barbara Walker, Wettenberg (Hessen)
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